Solange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben – Das ist der Traum der meisten Menschen. Nebst getätigten finanziellen Investitionen, weisen die eigenen vier Wände viele Erinnerungen auf und haben darüber hinaus einen emotionalen Wert. Auch die Vertrautheit der Umgebung wollen Viele nicht aufgeben. Doch Alter und körperliche Einschränkungen können den Traum zerplatzen. Das muss nicht sein. Wer seine Wohnung oder sein Haus barrierefrei umrüstet, kann auch im Alter und mit körperlichen Einschränkungen selbstbestimmt im eigenen Zuhause wohnen bleiben.

Barrierefreiheit ist nicht nur ein sehr wichtiges Thema, sondern auch sehr umfangreich. Aus diesem Grund starten wir hiermit für Sie eine Blog-Reihe zum Thema “Barrierefreies Wohnen”. In den kommenden Wochen werden weitere spannende Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Doch zunächst wollen wir die Grundlagen klären:

Barrierefreies Wohnen: Die Definition

Was barrierefreies Wohnen eigentlich bedeutet regelt das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz; kurz: BGG). Barrierefreiheit wird dort wie folgt definiert:

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

Barrierefrei sind nur solche öffentlichen Gebäude und Wohnungen, die der Deutschen Industrienorm (DIN) 18040 entsprechen. Es handelt sich hierbei um kein Gesetz, sondern vielmehr um unverbindliche Empfehlungen. Mithin können einzelne Anforderungen in den Landesbauordnungen aufgenommen werden, die für Sie damit gesetzlich verpflichtend werden. Diesbezüglich unterscheiden sich die Gesetze von Bundesland zu Bundesland. Es ist notwendig sich über die genauen Bauvorschriften in Ihrem Bundesland zu informieren. Die DIN-Norm teilt sich in zwei Teile auf. Während Teil 1 Anforderungen an öffentliche Räume stellt, enthält der zweite Teil Anforderungen an Wohngebäude.

Barrierefrei heißt allerdings noch lange nicht rollstuhlgerecht oder behindertengerecht

Menschen mit Behinderung ist es wichtig, die Wohnung zu finden, die ihren Bedürfnissen gerecht wird. Doch schon bei der Wohnungssuche können die ersten Stolpersteine lauern. Oftmals wird mit verschiedenen Begriffen geworben, deren Bedeutung für die Allgemeinheit jedoch unklar ist. Deshalb ist es wichtig, sich mit der Bedeutung der unterschiedlichen Schlagwörter auseinander zu setzen. Wir haben einige für Sie gesammelt:

Barrierefreie Wohnung

Gesetzlich definierter Begriff, der nur dann verwendet werden darf, wenn die Wohnung ganz bestimmte Ausstattungskriterien erfüllt, die durch die DIN 18040-2 festgelegt sind.

Barrierearme Wohnung

Ob “barrierearm”, “barrierereduziert” oder “altersgerecht”. Keiner dieser Begriffe ist gesetzlich näher definiert. Insbesondere werden Begriffe “barrierefrei” und “barrierearm” im Sprachgebrauch häufig synonym verwendet. Allerdings muss eine “barrierearme” Wohnung nicht den DIN 18040 entsprechen. Werden die vorstehenden Begriffe genannt, sollten Sie sich bewusst machen, dass die Wohnung möglicherweise nicht allen Anforderungen an barrierefreies Wohnen erfüllt.

 

Rollstuhlgerechte Wohnung

Rollstuhlgerecht ist nicht gleichzusetzen mit barrierefrei. Damit eine Wohnung rollstuhlgerecht ist, muss sie nicht nur die DIN-Kriterien, sondern darüber hinaus zusätzliche Kriterien erfüllen. So ist eine Wohnung erst rollstuhlgerecht, wenn die Türen mindestens 90 Zentimeter breit sind. Bei barrierefreien Wohnungen reicht hingegen eine Breite von 80 Zentimeter.

Behindertengerechtes Wohnen

Ein Wohnraum gilt als behindertengerecht, wenn er an die jeweiligen Bedürfnisse des Bewohners bzw. der Bewohnerin angepasst ist. Mithin gibt es jedoch eine Vielzahl an möglichen Behinderungen. Zudem hängen die Merkmale einer behindertengerechten Wohnung von dem Grad der Einschränkung ab, so dass eine Definition variieren kann.

Grundsätzlich gilt eine Wohnung als barrierefrei, wenn Menschen mit Behinderung diese ohne Barrieren und ohne fremde Hilfe nutzen können. Beispielhaft müssen folgende Merkmale erfüllt werden:

  • Ein ebenerdiger Zugang ohne Stufen oder Schwellen
  • Breite Türen
  • Fenstergriffe und Lichtschalter sind gut erreichbar
  • ebenerdige Dusche
  • ausreichende Größe der Räumlichkeiten, damit sich sowohl Bewohner/innen sowie eventuell zusätzliche pflegende Personen sich im Raum ungehindert bewegen können
  • Haltegriffe, damit das Aufstehen erleichtert wird

 

Barrierefreiheit für ältere Menschen

Aus den Angaben von DeStatis geht hervor, dass die ab 65-jährigen im Zeitverlauf von 1991 bis 2022 einen immer größeren Anteil an der Gesamtbevölkerung darstellen. Auch geht aus diesen Daten hervor, dass die Lebenserwartung im Allgemeinen anstieg. Doch mit steigendem Alter nimmt die Beweglichkeit ab und Krankheiten zu. Dies stellt nicht nur eine Herausforderung für die Betroffenen und deren Angehörigen dar, sondern für die Gesellschaft, die derzeit an einem Pflegenotstand leidet.

Hohe Nachfrage, wenig Angebot

Mit barrierefreiem Wohnen können ältere Menschen ein Stück ihrer Selbstständigkeit zurückerobern. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen aus, sondern entlastet auch die pflegenden Familienangehörigen. Doch dem großen und wachsenden Bedarf steht ein viel zu kleines Angebot gegenüber. Weniger als 2,5 % der vorhandenen etwa 37 Mio. Wohnungen sind „barrierereduziert“. Nur etwa 10 % aller Wohnungen sind barrierefrei zu erreichen. Gerade bei Neubauten werden immer noch wirtschaftliche Interessen höher gewichtet als Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). 

Vorteile barrierefreien Wohnens

Sicherheit:

Schwellenlose Übergänge und ausreichend Platz mindern Sturzgefahr und können Unfälle vermeiden

Unabhängigkeit:

Personen mit Bewegungseinschränkungen sind weniger auf die Hilfe anderer angewiesen und können den Alltag weitgehend selbstständig bewältigen.

Entlastung:

Durch die Eigenständigkeit werden Angehörige körperlich und psychisch entlastet.

Vertrautes Umfeld:

Betroffene können viel länger und trotz höherem Pflegegrad in ihrer gewohnten Umgebung bleiben.

Wertsteigerung:

Wiederverkaufswert der Immobilie steigert sich. Barrierefreie Immobilien gewinnen am Markt zunehmend an Wert, was teilweise dem demokratischen Wandel geschuldet ist.

Auch für Jung:

Nicht nur ältere Menschen profitieren. Schwellenfreie Zutritte und großzügige Raumplanung erleichtern jungen Familien mit Kinderwagen den Alltag. 

Im nächsten Beitrag wird auf die barrierefreie Gestaltung einzelner Räume näher eingegangen. 

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Foto: Canva