Streit um barrierefreien Zugang

Streit um barrierefreien Zugang

Vermieterin lehnt die Installation einer Rampe ab, die ein Mieter, der im Rollstuhl sitzt, dringend benötigt.

Das Landgericht Berlin II urteilt, dass die Vermieterin den Mieter damit nach dem Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt.

Wenn der Vermieter einer ihm gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht hinreichend nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll, ist eine im Sinne von § 3 Absatz 1 AGG durch Unterlassen ausgelöste unmittelbare Benachteiligung gegeben. Eine Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Eine davon betroffene Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält.

Indem sich die Vermieterin, eine Wohnungsbaugesellschaft, über zwei Jahre geweigert hat eine Rampe zu installieren, die der Mieter aufgrund seiner körperlicher Behinderung dringend benötigt, stellt das LG Berlin II mit Urteil vom 30. September 2024, Aktenzeichen 66 S 24/24, eine Benachteiligung nach dem AGG fest und verurteilt die Vermieterin zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 11.000 € an den Mieter.

 

Der Fall:

Der Streit dreht sich um die Herstellung eines barrierefreien Zugangs zur Wohnung. Der Rollstuhlfahrer wollte bloß wieder in die Lage versetzt werden, in der er eigenständig seine Wohnung verlassen bzw. wieder betreten kann. Um diesem Bedürfnis gerecht zu werden, sollte eine Rampe her. Doch die Wohnungsbaugesellschaft zeigte sich wenig aufgeschlossen, dem Anliegen des Mieters nachzukommen. Trotz wiederholter Anfragen verweigert die Vermieterin die erforderliche Zustimmung.

Anmerkung:

Ein Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Zustimmung zur baulichen Veränderungen der Mietsache ergibt sich aus § 554 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Bei Wohnungseigentum ergibt sich ein solcher  Anspruch aus § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Die Errichtung der Rampe kann als Vornahmemaßnahme gemäß § 20 Absatz 1 WEG oder als Gestattungsmaßnahme nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 WEG beschlossen werden. Dabei handelt es sich in beiden Fällen um eine Instandhaltung und -setzung, so dass eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer notwendig ist. Beachten Sie aber: Ein Anspruch auf eine Rampe ergibt sich dadurch mithin nicht, den der Anspruch besteht nur auf eine angemessene bauliche Veränderung. Es käme beispielsweise auch auch die Errichtung einer Hebebühne in Betracht.

Aufgrund der langjährigen Weigerung der Vermieterin wollte der Mieter nunmehr nicht die Zustimmung zur Rampe, sondern dass die Wohnungsbaugesellschaft für ihr Unterlassen zur Verantwortung gezogen wird und argumentiert. dass das Verhalten der Vermieterin einen Verstoß gegen das AGG darstelle. Er macht geltend, dass ihm im Vergleich zu anderen Mietern ohne (körperliche) Behinderungen der Zugang zur Wohnung rechtswidrig versagt worden ist. Dieser Argumentation folgt auch das LG Berlin II.

Begründung:

Hierbei stützt sich das Gericht auf den § 19 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Danach ist jede Form der Benachteiligung, insbesondere aufgrund einer Behinderung in zivilrechtlichen Massengeschäften unzulässig.

Die Vermieterin ist eine Wohnungsbaugesellschaft. Sie verwaltet mehr als 50 Wohnungen, so dass die Vermietung laut Gericht unter den Begriff des „Massengeschäfts“ fällt. Es sei gemäß § 5 AGG die Pflicht der Vermieterin die Benachteiligung des Mieters durch positive Maßnahmen zu beseitigen. Diese Pflicht habe sie verletzt, indem sie der Installation der Rampe nicht zugestimmt habe.

Benachteiligung war nicht gerechtfertigt.

Um die Benachteiligung des Vermieter zu rechtfertigen müsste ein sachlicher Grund nach § 20 Absatz 1 Satz 1 AGG vorliegen. Sachliche Gründe sind nachvollziehbare und nicht offensichtlich willkürliche Ziele, die mit der Ungleichbehandlung verfolgt werden. Ein Ziel ist dann rechtmäßig, wenn es nicht seinerseits diskriminierend und im Übrigen legal ist. Im § 20 Absatz 1 Satz 2 sind Regelbeispiele ausgeführt, die der Auslegung und Konkretisierung des Begriffs des sachlichen Grundes dienen. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung zB zulässig, wenn sie der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient. Eine Darlegung eines sachlichen Grundes ist der Wohnungsbaugesellschaft nicht gelungen. Sie habe sich laut Gericht lediglich auf pauschale und nicht überzeugende Gründe gestützt. Durch die Weigerung zur Zustimmung war der Mieter ständig auf die Hilfe Dritter angewiesen. Aufgrund der Dauer in der die Wohnungsbaugesellschaft ihre Zustimmung verweigert hat und der massiven Störung der Lebensqualität des Mannes ist laut Gericht damit eine Entschädigung in Höhe von 11.000 € gerechtfertigt.

Hinweis:

Solche Fälle sind grundsätzlich vom Einzelfall abhängig. Jedenfalls bezüglich des „Ob“ der Maßnahme ist das Ermessen der Vermieter bzw. Wohnungseigentümer regelmäßig auf Null reduziert; lediglich hinsichtlich des „Wie“ wird ein Ermessen zustehen. Nur in Ausnahmefällen ist der Anspruch ausgeschlossen, vergleiche § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 20 Absatz 4 WEG. Wir empfehlen in solchen Fällen die Beratung durch einen Rechtsanwalt. 

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Radon, die unterschätzte Gefahr

Radon, die unterschätzte Gefahr

Radon kann man nicht sehen, riechen oder schmecken.

Das krebserregende Gas kann aus dem Boden, über Risse und Fugen vor allem in Kellerräume und Parterrewohnungen gelangen. Daher ist Lüften nicht nur wegen Schimmel im Untergeschoss wichtig, sondern auch wegen der Gesundheit! Was viele unterschätzen: Nach Rauchen ist Radon die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs.

Die Konzentration ist aber regional unterschiedlich. Wie Sie Vorkehrungen treffen können, ob Sie betroffen sind und vieles weitere Wissenswerte erfahren Sie von unserem durch TÜV Rheinland zertifizierten Radon-Messedienstleister Klaus Krumm.

Die Veranstaltung findet am Donnerstag, den 24.10.2024 um 17:00 Uhr (Einlass ab 16:30 Uhr) in den Hallen unserem geschätzten und langjährigen Kooperationspartner der Volksbank BRAWO in der Hauptfiliale Am Mühlengraben 1 in 38440 Wolfsburg, Eingang C.

Seien Sie dabei und erleben Sie die vorletzte Veranstaltung von Haus & Grund Wolfsburg und Umgebung e.V. in diesem Jahr. Bitte beachten Sie, dass die Teilnehmerzahl begrenzt ist und somit eine vorherige, verbindliche Anmeldung erforderlich ist. Anmelden können Sie sich telefonisch unter 05361 – 12946 oder per Mail unter info@hug-wob.de.

Die Teilnahme ist für Sie und Ihre Begleitung kostenfrei. Kostenlose Parkplätze werden durch die Volksbank BRAWO bereitgestellt.

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Grundsteuerranking 2024

Grundsteuerranking 2024

Regensburg ist die günstigste – Witten die teuerste Stadt in Deutschland.

Vergleich der Grundsteuerlast in den 100 größten Städten Deutschlands. Wie steht es um Wolfsburg und Umgebung?

Die jährliche Grundsteuerlast für Eigentümer und Mieter eines typischen Einfamilienhauses ist je nach Stadt sehr unterschiedlich. Während in Regensburg 335 Euro fällig werden, sind es für ein vergleichbares Haus in Witten 771 Euro. Das ist ein zentrales Ergebnis des diesjährigen Grundsteuerrankings des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

„Uns beunruhigt vor allem die Entwicklung der kommunalen Hebesätze, die letztlich über die Belastung entscheiden“, kommentierte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke bei der Vorstellung der Ergebnisse am 07.10.2024 in Berlin.

In 26 der 100 untersuchten Städte, darunter auch Wolfsburg, sind die Hebesätze seit der letzten Untersuchung im Jahr 2021 erhöht worden. Nur Duisburg nahm als einzige Stadt eine Senkung vor. Der durchschnittliche Hebesatz in den 100 größten Städten liegt nun bei 589 Prozent, ein Plus von 25 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021.

„Es kann nicht sein, dass Politiker landauf, landab steigende Wohnkosten beklagen dann die Grundsteuerschraube immer fester ziehen. Die aktuell in allen Bundesländern laufende Umstellung der Grundsteuer auf ein neues Berechnungsverfahren darf nicht dazu genutzt werden, die kommunalen Kassen zu füllen“, mahnte der Verbandschef.

Platz  1: 

Regensburg 

Platz 2:

Koblenz 

Platz 3: 

Erlangen

Platz 4:

Ulm 

Platz 5:

Düsseldorf & Ratingen

Platz 96:

Duisburg 

Platz 97:

Darmstadt

Platz 98:

Mülheim an der Ruhr

Platz 99:

Offenbach am Main

Platz 100: 

Witten

Niedersächsischen Städte im Vergleich:

Unser Interesse gilt insbesondere der Entwicklung von Niedersachsen. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern nimmt Niedersachsen hinsichtlich der durchschnittlichen Beträge der Grundsteuer B den 9. Platz ein. Der Grundsteuerbetrag B erhöht sich durchschnittlich im Vergleich zum Jahre 2021 um 28 Euro. Mit durchschnittlich 419 Euro führt auf Platz 1 Bayern. Das Schlusslicht mit einer Grundsteuer von durchschnittlich 686 Euro bildet Berlin. 2021 belegt die Stadt Wolfsburg noch den 30. Platz und lag damit vor Braunschweig (35. Platz). 2024 hingegen rutscht die Stadt Wolfsburg auf den 45. Platz und fällt damit zweiundzwanzig Plätze hinter Braunschweig (24. Platz). Das liegt zum einen daran, dass im Vergleich zu Braunschweig in Wolfsburg eine Anhebung des Hebesatzes vorgenommen worden ist. Dennoch stellt dies eine Entwicklung dar, der wir kritisch entgegenstehen und weiter genau beobachten werden. Im Übrigen sind Oldenburg (7. Platz) und Osnabrück (11. Platz) positiv im Ranking hervorzuheben. Negativ fallen insbesondere die Städte Hildesheim, die vom 51. Platz auf den 73. Platz, sowie Hannover, die vom 67. Platz auf den 86. Platz gefallen sind, auf.

 

Abschließend lässt sich festhalten, dass viele Städte und Kommunen die bestehenden Möglichkeiten zur Steuererhöhung bereits jetzt voll ausschöpfen. Mit dem Jahreswechsel endet ein jahrelanger Reformprozess der Grundsteuer. Ab dem kommenden Jahr zahlen sowohl Mieter als auch Eigentümer die „neue“ Grundsteuer. Es bleibt zu befürchten, dass in wachsenden Städten und Ballungsräumen, in denen der finanzielle Druck auf die öffentlichen Haushalte ohnehin hoch ist, die Grundsteuerhebesätze eine zunehmend bedeutende Rolle bei der finanziellen Belastung von Immobiliennutzern spielen.

Das Grundsteuerranking 2024 als PDF: GrSt-Ranking 2024

 

Ursprüngliche Pressemitteilungen von Haus & Grund Deutschland: https://www.hausundgrund.de/aktionstag-2024  & https://www.hausundgrund.de/grundsteuerranking-2024

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Barrierefreies Wohnen

Barrierefreies Wohnen

Solange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben – Das ist der Traum der meisten Menschen. Nebst getätigten finanziellen Investitionen, weisen die eigenen vier Wände viele Erinnerungen auf und haben darüber hinaus einen emotionalen Wert. Auch die Vertrautheit der Umgebung wollen Viele nicht aufgeben. Doch Alter und körperliche Einschränkungen können den Traum zerplatzen. Das muss nicht sein. Wer seine Wohnung oder sein Haus barrierefrei umrüstet, kann auch im Alter und mit körperlichen Einschränkungen selbstbestimmt im eigenen Zuhause wohnen bleiben.

Barrierefreiheit ist nicht nur ein sehr wichtiges Thema, sondern auch sehr umfangreich. Aus diesem Grund starten wir hiermit für Sie eine Blog-Reihe zum Thema „Barrierefreies Wohnen“. In den kommenden Wochen werden weitere spannende Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Doch zunächst wollen wir die Grundlagen klären:

Barrierefreies Wohnen: Die Definition

Was barrierefreies Wohnen eigentlich bedeutet regelt das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz; kurz: BGG). Barrierefreiheit wird dort wie folgt definiert:

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

Barrierefrei sind nur solche öffentlichen Gebäude und Wohnungen, die der Deutschen Industrienorm (DIN) 18040 entsprechen. Es handelt sich hierbei um kein Gesetz, sondern vielmehr um unverbindliche Empfehlungen. Mithin können einzelne Anforderungen in den Landesbauordnungen aufgenommen werden, die für Sie damit gesetzlich verpflichtend werden. Diesbezüglich unterscheiden sich die Gesetze von Bundesland zu Bundesland. Es ist notwendig sich über die genauen Bauvorschriften in Ihrem Bundesland zu informieren. Die DIN-Norm teilt sich in zwei Teile auf. Während Teil 1 Anforderungen an öffentliche Räume stellt, enthält der zweite Teil Anforderungen an Wohngebäude.

Barrierefrei heißt allerdings noch lange nicht rollstuhlgerecht oder behindertengerecht

Menschen mit Behinderung ist es wichtig, die Wohnung zu finden, die ihren Bedürfnissen gerecht wird. Doch schon bei der Wohnungssuche können die ersten Stolpersteine lauern. Oftmals wird mit verschiedenen Begriffen geworben, deren Bedeutung für die Allgemeinheit jedoch unklar ist. Deshalb ist es wichtig, sich mit der Bedeutung der unterschiedlichen Schlagwörter auseinander zu setzen. Wir haben einige für Sie gesammelt:

Barrierefreie Wohnung

Gesetzlich definierter Begriff, der nur dann verwendet werden darf, wenn die Wohnung ganz bestimmte Ausstattungskriterien erfüllt, die durch die DIN 18040-2 festgelegt sind.

Barrierearme Wohnung

Ob „barrierearm“, „barrierereduziert“ oder „altersgerecht“. Keiner dieser Begriffe ist gesetzlich näher definiert. Insbesondere werden Begriffe „barrierefrei“ und „barrierearm“ im Sprachgebrauch häufig synonym verwendet. Allerdings muss eine „barrierearme“ Wohnung nicht den DIN 18040 entsprechen. Werden die vorstehenden Begriffe genannt, sollten Sie sich bewusst machen, dass die Wohnung möglicherweise nicht allen Anforderungen an barrierefreies Wohnen erfüllt.

 

Rollstuhlgerechte Wohnung

Rollstuhlgerecht ist nicht gleichzusetzen mit barrierefrei. Damit eine Wohnung rollstuhlgerecht ist, muss sie nicht nur die DIN-Kriterien, sondern darüber hinaus zusätzliche Kriterien erfüllen. So ist eine Wohnung erst rollstuhlgerecht, wenn die Türen mindestens 90 Zentimeter breit sind. Bei barrierefreien Wohnungen reicht hingegen eine Breite von 80 Zentimeter.

Behindertengerechtes Wohnen

Ein Wohnraum gilt als behindertengerecht, wenn er an die jeweiligen Bedürfnisse des Bewohners bzw. der Bewohnerin angepasst ist. Mithin gibt es jedoch eine Vielzahl an möglichen Behinderungen. Zudem hängen die Merkmale einer behindertengerechten Wohnung von dem Grad der Einschränkung ab, so dass eine Definition variieren kann.

Grundsätzlich gilt eine Wohnung als barrierefrei, wenn Menschen mit Behinderung diese ohne Barrieren und ohne fremde Hilfe nutzen können. Beispielhaft müssen folgende Merkmale erfüllt werden:

  • Ein ebenerdiger Zugang ohne Stufen oder Schwellen
  • Breite Türen
  • Fenstergriffe und Lichtschalter sind gut erreichbar
  • ebenerdige Dusche
  • ausreichende Größe der Räumlichkeiten, damit sich sowohl Bewohner/innen sowie eventuell zusätzliche pflegende Personen sich im Raum ungehindert bewegen können
  • Haltegriffe, damit das Aufstehen erleichtert wird

 

Barrierefreiheit für ältere Menschen

Aus den Angaben von DeStatis geht hervor, dass die ab 65-jährigen im Zeitverlauf von 1991 bis 2022 einen immer größeren Anteil an der Gesamtbevölkerung darstellen. Auch geht aus diesen Daten hervor, dass die Lebenserwartung im Allgemeinen anstieg. Doch mit steigendem Alter nimmt die Beweglichkeit ab und Krankheiten zu. Dies stellt nicht nur eine Herausforderung für die Betroffenen und deren Angehörigen dar, sondern für die Gesellschaft, die derzeit an einem Pflegenotstand leidet.

Hohe Nachfrage, wenig Angebot

Mit barrierefreiem Wohnen können ältere Menschen ein Stück ihrer Selbstständigkeit zurückerobern. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen aus, sondern entlastet auch die pflegenden Familienangehörigen. Doch dem großen und wachsenden Bedarf steht ein viel zu kleines Angebot gegenüber. Weniger als 2,5 % der vorhandenen etwa 37 Mio. Wohnungen sind „barrierereduziert“. Nur etwa 10 % aller Wohnungen sind barrierefrei zu erreichen. Gerade bei Neubauten werden immer noch wirtschaftliche Interessen höher gewichtet als Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). 

Vorteile barrierefreien Wohnens

Sicherheit:

Schwellenlose Übergänge und ausreichend Platz mindern Sturzgefahr und können Unfälle vermeiden

Unabhängigkeit:

Personen mit Bewegungseinschränkungen sind weniger auf die Hilfe anderer angewiesen und können den Alltag weitgehend selbstständig bewältigen.

Entlastung:

Durch die Eigenständigkeit werden Angehörige körperlich und psychisch entlastet.

Vertrautes Umfeld:

Betroffene können viel länger und trotz höherem Pflegegrad in ihrer gewohnten Umgebung bleiben.

Wertsteigerung:

Wiederverkaufswert der Immobilie steigert sich. Barrierefreie Immobilien gewinnen am Markt zunehmend an Wert, was teilweise dem demokratischen Wandel geschuldet ist.

Auch für Jung:

Nicht nur ältere Menschen profitieren. Schwellenfreie Zutritte und großzügige Raumplanung erleichtern jungen Familien mit Kinderwagen den Alltag. 

Im nächsten Beitrag wird auf die barrierefreie Gestaltung einzelner Räume näher eingegangen. 

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Eigenbedarfskündigung: Härtefallregelung

Eigenbedarfskündigung: Härtefallregelung

Das Landgericht (LG) Heidelberg entschied in seinem wohl umstrittenen Urteil vom 20.06.2024, Aktenzeichen 5 S 46/23, dass eine schwerbehinderte Mieterin trotz berechtigten Eigenbedarfs der Vermieterin nicht aus ihrer Wohnung ausziehen muss, weil dies ein Härtefall darstellen würde. Dies gilt auch dann, wenn die Vermieterin ihre Mutter in der Wohnung unterbringen will, die ihrerseits auf eine altersgerechte Wohnung angewiesen ist.

Der Fall:

Die Mieterin lebt seit 2004 in einer barrierefreien Erdgeschosswohnung, die sie aufgrund ihrer Behinderung und Pflegebedürftigkeit benötigt. Die Wohnung wurde 2015 von den jetzigen Vermietern erworben. 2023 wurde dann eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Eigenbedarfs ausgesprochen. Die knapp 90-jährige Mutter der Vermieterin, die auf einen Rollator angewiesen ist und bisher eine Wohnung im dritten Stock bewohnte, die über keinen Aufzug verfügte, sollte nunmehr in die Erdgeschosswohnung einziehen. Zudem sollte die Dame von ihrem Enkel unterstützt werden, der mit seiner Familie ebenfalls in dem Haus wohnt.

Die Mieterin widersprach der Kündigung. Sie sei aufgrund der eigenen schweren Behinderung sowie Pflegebedürftigkeit zwingend auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Eine geeignete Ersatzwohnung konnte sie auch nach jahrelanger Suche nicht finden. Damit berief sich die Mieterin auf die Härtefallregelungen der §§ 574 f. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Anmerkung:

Nach §§ 574 f. BGB kann der Mieter eines Wohnraummietverhältnisses die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht in der ersten Instanz entschied noch zugunsten der Vermieter. Ein Härtefall liege nicht vor und die Kündigung wegen Eigenbedarfs sei berechtigt gewesen. Der Räumungsklage wurde stattgegeben.

Das LG hob das amtsgerichtliche Urteil jedoch auf und entschied, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis bis auf Weiteres fortbesteht. Zwar ist die Eigenbedarfskündigung berechtigt, gleichfalls überwiege das Interesse der Mieter am Fortbestehen des Mietverhältnisses. Insofern wurde damit die Entscheidung des LG Heidelberg auf einen Härtefall nach §§ 574, 57a BGB gestützt.

Hierzu äußerte sich das LG Heidelberg wie folgt: Beide Parteien haben ein gewichtiges Interesse am Bezug der Wohnung. Auf der einen Seite die Mutter der Vermieterin; auf der anderen Seite die derzeitige Mieterin – beide seien aufgrund ihres Gesundheitszustandes auf eine barrierefreie Wohnung im Erdgeschoss angewiesen. Das LG führte allerdings weiter aus, dass die soziale und therapeutische Versorgung der derzeitigen Mieterin eng mit der jetzigen Wohnung verknüpft sei, die die Wohnung bereits seit 20 Jahren bewohnte. Darüber hinaus sei auch der Vermieterin, die einen Makler beauftragte, außerstande einen geeigneten Ersatzwohnraum zu finden. Damit überwiege im Ergebnis das Interesse der Mieterin dem Interesse der Vermieterin. Der Härtefall besteht nicht nur im Erfordernis einer barrierefreien Wohnung, sondern auch in den Schwierigkeiten eine adäquate Ersatzwohnung zu finden. Daher entschied das Gericht, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Es sei unklar, ob und ggfs. wann die Mieterin im Stande sei eine zumutbare Ersatzwohnung zu finden.

Anmerkung:

Das Urteil ist umstritten, weil eine Eigenbedarfskündigung die unmittelbare Folge des Eigentumsrechts des Vermieters darstellt. Dabei ist das Eigentum durch Artikel 14 Grundgesetz geschützt, so dass auch §§ 574 f. BGB im Lichte der Grundgesetze auszulegen sind. Gleichzeitig stellt das Urteile die Komplexität der Interessenabwägung bei Kündigungen wegen Eigenbedarfs dar.

Bei Eigenbedarfskündigungen empfehlen wir die Hinzuziehung rechtlichen Beistands. Oft scheitern Kündigungen, weil sie Fehler enthalten oder keine nachvollziehbare Begründung enthalten. Ferner, wer wegen Eigenbedarf kündigt, der muss nach der Kündigung auch tatsächlich innerhalb eines angemessenen Zeitraums in die Wohnung einziehen. Zieht der Vermieter nicht in die Wohnung ein, muss er auf Verlangen des Mieters substantiiert und plausibel darlegen können, warum der vorgetragene Eigenbedarfsgrund nachträglich weggefallen sei. Der Wunsch künftig höher Mieteinnahmen zu erzielen oder lästige Mieter loszuwerden, werden vom Gericht, im Falle einer Interessenabwägung, nicht als ein zur Kündigung berechtigtes Interesse anerkannt. Der Mieter steht in diesem Fall unter Umständen ein Schadensersatzanspruch zu. 

Mehr zum Thema Härtefallregelung finden Sie auch unter unserem früheren Beitrag: Haben Senioren im Mietrecht Sonderrechte? | Haus & Grund (hug-wob.de)

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Waschbären auf dem Dach

Waschbären auf dem Dach

Süß und lästig. Waschbären.

Schätzungen zufolge leben mittlerweile bis zu zwei Millionen Tiere in Deutschland. Sie stammen ursprünglich aus Nordamerika und kamen zu Zuchtzwecken und als Pelzlieferant nach Deutschland. Auch in Wolfsburg ist der Waschbär nicht zu stoppen.

Sie sehen zwar niedlich aus, doch Sie plündern Mülltonnen, durchfühlen Blumenbeete und dringen in Dachböden und Wohnräume ein. Waschbaren haben sich für viele Haus- und Gartenbesitzer zu einer Plage entwickelt. Auf der Suche nach Futter öffnen die Tiere Mülltonnen und verteilen ihn mitunter großflächig auf dem Grundstück – was ebenfalls weiteres Ungeziefer anlockt. Außerdem dringen die Waschbären auf der Suche nach einem Schlafplatz in Dachstühle ein. Hierzu heben Sie Ziegel an oder verbiegen Bleche an Dachgauben, was das Eindringen von Wasser zu Folge hat, wodurch erhebliche Schäden entstehen können. Ferner können die süßen Fellknäule die Dämmung beschädigen. Neben diesen Schäden verteilen sie auch noch Urin und Kot.

Entfernen Sie die Hinterlassenschaften der Waschbären niemals ungeschützt. Tragen Sie bitte stets Handschuhe, durch den Kot können Krankheiten übertragen werden.

Wie groß ein solcher Schaden sein kann, zeigt der folgende Sachverhalt der vom Landgericht Frankfurt (LG) mit Urteil vom 17.05.2024, Aktenzeichen 2-02 O 578/23, entschieden wurde:

In einem Haus fror im Winter eine Wasserleitung an der Außenwand ein. Im Auftrag des Hauseigentümers kappte der Inhaber eines Heizungs- und Santitärbetriebs die eingefrorene Wasserleitung. Im Zuge der Arbeiten entfernet der Installateur die Holzverkleidung, um an den Wasserhahn zu gelangen. Hinter eben jener Verkleidung befand sich ein Hohlraum, den der Installateur nach Abschluss der Arbeiten nicht wieder verschloss. Nach zwei Monaten bemerkte der Eigentümer verdächtige Kratzgeräusche, die  vom Dach kamen. Ein Waschbär. Der Eigentümer informierte die Sanitärfirma, worauf hin diese die Holzverkleidung provisorisch verschloss. Doch die Kratzgeräusche wurden mitunter lauter. Ein beauftragter Kammerjäger fand eine Waschbärmutter samt vier Jungtiere, die sich sich in dem Hohlraum eingenistet haben. Der Kammerjäger entfernte die Tiere; ein Schreiner verschloss die Holzverkleidung fachgerecht. Die Arbeiten kosteten den Hauseigentümer insgesamt 6.750 Euro. Gegenüber der Sanitärfirma machte er einen Schadensersatz geltend. Zu recht?

Das Landgericht verneinte einen Anspruch. Keine Entschädigung für den Hauseigentümer. Die Wiederanbringung sei kein Teil der Hauptleistungspflicht der Sanitärfirma. Der Hauseigentümer hätte auch den Beweis erbringen müssen, dass in der Region ein allgemeines Waschbärproblem besteht. Aufgrund dessen, dass bereits zum Zeitpunkt des ersten provisorischen Verschlusses der Verkleidung Waschbären in dem Hohlraum lebten, kann die Verantwortung für das Eindringen der Tiere nicht eindeutig der Sanitätsfirma zugeschreiben werden.

Schutzmaßnahmen.

Die Tiere haben keine natürlichen Feinde und gelten in Deutschland als eine invasive Spezies. Die Bejagung ist indes schwierig. Experten gehen davon aus, dass sie nicht mehr aus unserm Öko-System verschwinden werden. Dennoch können sich Hauseigentümer gegen die kleinen Bären effektiv schützen. Am wichtigsten ist, dass die Tiere am Haus keine Nahrung finden. Mülltonnen sollten zu diesem Zweck mit Spanngurten oder schweren Steinen gesichert und gelbe Säcke erst kurz vor der Abholung ins Freie gestellt werden.

Wer Obstbäume auf dem Grundstück hat, kann die Bäume mit breiten Blechringen sichern. Niedrig hängendes Obst sollte abgepflückt und Fallobst sofort aufgesammelt werden. Futter für Hund und Katze sollte nicht draußen stehen gelassen werden. Um die hiesigen Vögel zu schützen, sollten Vogelhäuschen hoch und frei am Baum hängen.

Um das Dach zu schützen, sollten Bäume und Sträucher mindestens einen Meter Abstand zum Haus haben. Fallrohre und Dachrinnen können mit Blechmanschetten abgesichert werden; der Schornstein mit einem starken Metallgitter. Gartenhäuschen und Garagen immer abschließen. Auch eine gute Einstieghilfe und oft vergessen: Katzenklappen. Diese sollten nachts stets verschlossen werden. 

Waschbären sind Kletter-Asse. Wer Stacheldraht oder Dachgestelle verwendet, schafft nicht nur ein Verletzungsrisiko für den Waschbären, sondern auch eine Kletterhilfe.

Waschbären stehen zwar nicht unter Naturschutz, dürfen dennoch nicht eingefangen werden. Nicht nur das Waschbären Sie beißen können, wodurch Krankheiten übertragen werden könnten. Mitunter stellt eine Privatjagd nicht nur eine Ordnungswidrigkeit dar, sondern unter Umständen sogar eine Straftat. Wird beispielsweise ein Muttertier entfernt, könnten die Jungtiere verenden.

Der Waschbär als Untermieter. 

Sind sie im Haus, sind sie schwer wieder loszuwerden. Man kann versuchen es dem Waschbären in den eigenen vier Wänden ungemütlich zu machen, dann verschwindet er vielleicht auch. Hierzu können bestimmte Gerüche, wie Lavendelsäckchen oder Mottenkugel, sowie Lärm genutzt werden. Auch Bewegungsmelder, die entweder Licht einschalten oder Wasser versprühen, stören den Waschbären. Doch wenn nichts mehr geht, können Sie sich jeweils an die zuständige Behörde oder die örtliche Jägerschaft wenden.

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