Wohnungsmiete: Minderungsrecht des Mieters bei leicht fahrlässiger Verursachung eines Brandschadens mit Deckung der Versicherung des Vermieters

Der Sachverhalt:

Ein Mieter macht sich unter Einfluss von Alkohol Pommes als Mitternachtssnack. Das Problem: den Topf mit dem heißen Fett stellt er dabei zurück auf die noch angeschaltete Herdplatte. Die Folge: Ein Wohnungsbrand, der die Wohnung unbewohnbar macht. Der junge Mieter machte eine Minderung seiner Miete auf Null geltend. Die Vermieterin wehrte sich dagegen, denn der Mieter habe den Brand selbst ausgelöst. Das Amtsgericht gab dem Mieter Recht.

Im Berufungsverfahren bestätigt das Landgericht Würzburg im Hinweisbeschluss vom 27.03.2023 – 44 S 119/23 – einen Anspruch des Mieters auf volle Mietminderung.

Grundsätze des Rechts auf Mietminderung

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

§ 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

§ 536 (1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksa

Damit man eine Mietminderung in Erwägung ziehen kann, muss im Mietobjekt, z.B. der Mietwohnung ein Mietmangel vorhanden sein, der bei Vertragsbeginn noch nicht vorlag. Ein Mangel liegt insbesondere dann vor, wenn die Soll-Beschaffenheit von der tatsächlichen Ist-Beschaffenheit negativ abweicht. Vereinfacht: Eintritt einer Verschlechterung.

Ferner darf diese Verschlechterung nicht allein durch den Mieter selbst herbeigeführt worden sein. Darüber hinaus muss sich der Mangel auf die Tauglichkeit des Mietobjekts auswirken, d. h. der Mangel muss den Wohnwert mindern. Damit soll verhindert werden, dass der Mieter Bagatellschäden dazu nutzt, um die Miete zu mindern. Ein Heizungsausfall im Sommer wirkt sich beispielsweise im Vergleich zu den Wintermonaten nicht auf die Tauglichkeit des Mietobjekts aus.

Schließlich ist der Mangel dem Vermieter anzuzeigen. Eine fehlende Mangelanzeige kann zum Ausschluss der eigenen Rechte führen. Einer Mietminderung ohne Mietanzeige oder Vorankündigung kann der Vermieter widersprechen.

Außerdem lässt sich eine Mietminderung durch den Vermieter zurückweisen, wenn der Mieter für den Schaden selbst verantwortlich ist, ihm der Schaden bereits bei der Unterzeichnung des Mietvertrages bekannt war oder der Schaden nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegt.

Hierzu hat das Landgericht ausgeführt:

Der Mieter könne sich grundsätzlich nicht auf eine Mietminderung berufen, wenn der Mangel auf sein Verhalten zurückzuführen oder von ihm zu vertreten sei. Anders jedoch, wenn ein vom Mieter verursachter Schaden durch eine vom Vermieter abgeschlossene Sachversicherung gedeckt und dem Mieter hinsichtlich des Verschuldens lediglich einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt, bleibt die Befugnis des Mieters zur Minderung der Miete unberührt (vgl. BGHZ 203,256 = NJW 2015, 699).

Damit kommt es auf den Fahrlässigkeitsmaßstab an.

Der Fahrlässigkeitsvorwurf

In diesem Fall wurde im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlung ermittelt, inwiefern dem jungen Mann fahrlässiges Handeln anzulasten ist. Unterschieden wird nach objektiven und subjektiven Kriterien. Auf der ersten Stufe wird ermittelt, ob das fragliche Verhalten den Anforderungen entsprochen hätte, die ein besonnener und gewissenhafter Mensch in der Situation des Handelnden erfüllt hätte, mit Rücksicht auf etwaiges Sonderwissen (sog. Objektivierter Maßstab). Auf der weiteren Stufe wird dann gefragt, ob die betroffene Person seinen Fähigkeiten und Kenntnissen in der Lage war, die Verhaltenserwartungen zu erfüllen (sog. Subjektivierter Maßstab).

Das Amtsgericht hat dem Mieter keine grobe, sondern nur eine einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen. Diese Ansicht teilt auch das Landgericht: „Dass der Kläger sich seinen Sorgfalts- und Überwachungspflichten beim Erhitzen von Fett in einem Topf auf dem Herd grundsätzlich bewusst und diesen nachgekommen ist (vgl. OLG Frankfurt, r + s 2005, 421), insbesondere den Topf hinreichend überwacht hat, zeigt sich daran, dass es in diesem Zusammenhang zu keinem Brandgeschehen gekommen ist.“ Damit hat der junge Mann trotz eines Blutalkoholwerts von 1,2 Promille die Abläufe für das Frittieren noch im Griff. Doch danach gings Berg ab, denn den Topf mit dem heißen Fett stellte er nicht nur auf die zuvor benutzte Herdplatte, sondern ließ diese auch noch an. Beim Verlassen der Küche ging er fälschlicherweise davon aus, die Herdplatte sei ausgeschaltet gewesen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die gesamte Zeit über die Wohnung nicht verlassen und es sich um einen 10 – 20 Minuten währenden Zeitraums gehandelt hat.

Insbesondere rügt das Landgericht in seiner Ausführung, dass der junge Mann nicht von einem gesetzlich vorgeschriebenen Rauchmelder gewarnt wurde, sondern selbst auf das Brandgeschehen aufmerksam werden musste.

Rauchmelderpflicht

 

Bundesweit gibt es eine flächendeckende Rauchmelderpflicht für private Wohnräume. Die Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern in privaten Wohnräumen ist in der jeweiligen Landesbauordnungen aller Bundesländer verankert. In § 44 Abs. 5 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) heißt es hierzu:

In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. In Wohnungen, die bis zum 31. Oktober 2012 errichtet oder genehmigt sind, hat die Eigentümerin oder der Eigentümer die Räume und Flure bis zum 31. Dezember 2015 entsprechend den Anforderungen nach den Sätzen 1 und 2 auszustatten.

Zuständig für die Installation sind Eigentümer bzw. Vermieter. Die Wartung obliegt jedoch dem Mieter. Zu beachten ist, dass entgegen der Bauordnung die Wartungsverpflichtung immer beim Eigentümer bzw. Vermieter liegt. Die Anordnung in einer Landesbauordnung, dass der Mieter für die Erhaltung der Betriebsbereitschaft der Rauchmelder zuständig ist, entfaltet weder im Miet- oder Haftungsrecht tatsächliche Wirkung. Ausnahme: Im Mietvertag wurde wirksam vereinbart, dass der Mieter die Wartung der Rauchmelder an Stelle des Vermieters übernimmt.

Auch subjektiv sieht das Landgericht keine grobe Fahrlässigkeit gegeben und bejaht ein Augenblicksversagen des Mannes. Dabei stellt das Gericht insbesondere auf die Müdigkeit zur nächtlichen Uhrzeit, eine alkoholbedingte Verminderung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit (BAK von 1,2 %o) sowie die Unerfahrenheit des jungen Mannes im Haushalt.

Damit besteht die Einstandspflicht der Wohngebäudeversicherung, sodass es in der Folge wegen der versicherungsrechtlichen Lösung bei der Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht des Vermieters verbleibt und der Mieter seinerseits zur Mietminderung berechtigt ist.

Rechtsberatung? Dafür haben wir jemanden.

Mitglied werden und von zahlreichen Vorteilen profitieren!

https://hug-wob.de/aufnahmeantrag-2

Foto von Jason Briscoe auf Unsplash